Sonntag, August 27, 2006

27.08.2006 - Bay-Feeling, die Wurzeln von Flower Power und "Gut gebrüllt, Seelöwe"

Als spektakulären Beginn unserer Tagestour sind wir heute morgen über die Golden Gate Bridge gefahren. Da San Francisco durch die Wolken, die vom Pazifik in die Bucht hineingeweht werden, vormittags und abends in dichtem Nebel liegt, sah man leider kein Postkartenpanaroma der Brücke in der Morgensonne. Beeindruckend war die Fahrt aber trotzdem, und vom Aussichtspunkt auf der anderen Seite der Bucht konnte man die Stahlkonstruktion bestaunen.

In Sausalito, einem recht schicken, maritimen Örtchen ähnlich einem deutschen Seebad, stärkten wir uns mit einem Frühstück in einem Cafe, bevor wir dem Verlauf der Bucht Richtung Berkeley folgten. Dort liegt die zweite renommierte Universität San Franciscos, und natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, auch deren Campus zu erkunden.

In Berkeley nahm Mitte der 60er die Flower Power-Bewegung ihren Anfang, und der Ort bekam aufgrund der Radikalität mancher studentischer Gruppen den Spitznamen "Berserkeley". Der damalige Gouverneur von Kalifornien, Ronald Reagan, meinte 1964 sogar, die Nationalgarde nach Berkeley schicken zu müssen, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen. Dass Berkeley im Vergleich zu Stanford eher alternativ ist, merkt man nicht nur daran, dass der Campus nicht so "aus einem Guss" historisch designed aussieht, sondern auch daran, dass viele selbstgemalte Plakate verschiedenster Interessengruppen dort hängen, wie z.B. "International Socialists Organisation" oder "The Society for the Rescue of Rural Values and Native Life". In der Nähe des Campus tobt an der Telegraph Avenue das bunte Studentenleben, und viele Stände bieten Memorabilia der Hippie-Zeit an - auf den Kauf psychedelisch bunter Batikhemden haben wir jedoch verzichtet.

Natürlich hat auch Berkeley einen Universitätsturm, auf den man sogar hinauffahren konnte, und da mittags das Wetter aufklarte, hatten wir gleich einen Rundumblick über den Campus. In der Nähe von Berkeley gibt es einen Yachthafen, die Berkeley Marina, direkt an der Bucht. Dort picknickten wir direkt am Wasser und hatten eine wunderbare Aussicht auf die Wolkenkratzer von Downtown San Franscisco.

Auf dem Weg zurück in die Stadt über Richmond und Oakland passierten wir zwei große Brücken. Eine davon, die Oakland Bridge, wurde einige Jahre früher als die Golden Gate Bridge eröffnet und ist sogar länger als diese, allerdings mit kleineren Brückentürmen und grau statt rostrot angestrichen - nichtsdestotrotz ist es ein Erlebinis, dort hinüber zu fahren, besonders weil sie die meistbefahrene Verkehrsstrecke in Kalifornien ist.

Nach unserem Ausflug wollten wir den Rest des sonnigen Nachmittags nutzen, um doch noch einen schönen Blick über Downtown San Francisco zu erhaschen. Dazu erklommen wir den Telegraph Hill, auf dem der Coit Tower steht, dessen Bau von Alfred Hitchcock gesponsert wurde. Apropos "erklimmen": Einige Straßen hier sind wirklich unglaublich steil, mit einer Steigung von bis zu 35°! Die Autos müssen entweder quer zur Fahrbahn geparkt werden, oder es müssen die Räder Richtung Bordstein zeigen und die Parkbremse (ähnlich der Handbremse bei Schaltwagen) angezogen werden - auf das Nichteinhalten dieser Regeln stehen hohe Strafen. Auf der anderen Seite des Telegraph Hill führen nicht einmal Straßen entlang, sondern nur steile Treppen zwischen malerischen Holzhäusern und schön bepflanzten Gärten hinunter.

Den Abend verbrachten wir auf der berühmten Fisherman's Wharf direkt am Wasser: Da es wieder kühler und windiger wurde, aßen wir zum Auftauen Muscheleintopf in einer Brotschüssel (Clam Chowder, eine lokale Spezialität). Neben einer Menge Fußvolk und Straßenkünstlern bevölkern auch Seelöwen einen der Piers auf Fisherman's Wharf - letztere nehmen es allerdings sehr gelassen, ein Touristenmagnet zu sein. Sie liegen einfach faul herum, bruellen ab und zu oder gleiten ins Wasser. Im Umfeld der Piers gibt es außerdem noch eine Vielzahl kleiner Buden mit touristischem Schnickschnack - mit "San Franscisco"-Schriftzug bestickte Fleecejacken waren aufgrund der Temperaturen sicher der Verkaufsschlager des Tages.