Montag, November 06, 2006

Mit dem Fahrrad durch New York

Am Freitag bin ich nach der Arbeit zu Felix nach New York gefahren, um das Wochenende in der "City" zu verbringen. (Hier redet jeder von New York nur als "The City"). Am gleichen Abend gingen wir erst in einer Pizzeria etwas essen und dann auf eine Party von ein paar Mathestudenten aus Felix' Department. Überraschenderweise kann man auch mit verrückten Mathestudenten Spaß haben ;-)


Am Samstag war das Wetter zwar kühl, aber sonnig, und so entschlossen wir uns, eine Fahrradtour um Manhattan zu machen. Felix besitzt noch ein zweites Fahrrad, und nachdem wir beide Fahrräder beim nachbarschaftlich betriebenen Fahrradladen flott machen ließen, konnte es los gehen. Von der 6th Street aus gelangten wir nach Osten an den East River (der laut Felix gar kein Fluss, sondern ein Meeresarm ist) und fuhren am Wasser Richtung Norden.


Auf dem Weg passierten wir den Wohnkomplex Stuyvesant Town, der in letzter Zeit dadurch zu Berühmtheit gelangt ist, dass er von Immobilienspekulanten aufgekauft wurde und die bisherigen Mieter, v.a. Familien, Rentner und Studenten, aus den relativ preisgünstigen Wohnungen vertrieben werden sollen. An der New York University und der Rockefeller University vorbei ging es schließlich zu den UN Headquarters.




Dort finden halbstündlich Führungen statt, und nach einem Sicherheitscheck trafen wir auf unseren (natürlich deutschen, die sind schließlich überall!) UN-Führer. Die Führung fand allerdings auf englisch statt. Interessant war, dass kein einziger Amerikaner unter den 20 Teilnehmern war, sondern nur Inder, Schweden, Brasilianer und Deutsche - na ja, dass die Amis Weltpolitik häufig nicht weiter als über ihre eigene Nasenspitze hinaus betreiben, ist ja hinreichend bekannt. Neben den Konferenzsälen, die man teilweise aus dem Fernsehen kennt, wenn Kofi Annan eine Rede hält, gab es verschiedene Geschenke der Mitgliedsländer zu bestaunen: Von Wandgemälden über kunstvolle Schnitzereien bis hin zu Schiffsmodellen. Natürlich erfuhr man auf der Tour auch sehr viel über Sinn, Zweck und Arbeitsweise der UN und die Weltprobleme, mit denen sich die einzelnen Abteilungen beschäftigen: Von AIDS bis Kinderarbeit über Wahlbeobachtung, Friedenssicherung, Armutsbekämpfung und Bereitstellung von sauberem Trinkwasser bis hin zur nuklearen und sonstigen Abrüstung scheinen die Mitarbeiter der UNO sich wirklich um alles zu kümmern, was die Menschheit quält. Umso erschreckender war dann am Ausgang eine Grafik, die die weltweiten jährlichen Ausgaben für Waffen (780 Milliarden US-Dollar) ins Verhältnis zu denen für Gesundheitsmaßnahmen (21 Milliarden) und Demokratieaufbau (2 Milliarden) setzte. Man muss sich nur einmal vergegenwärtigen, dass das jährliche Budget der UN ein Drittel des Budgets des New York Police Departments beträgt - die UN erscheint einem dann ein bisschen wie Don Quijote oder Sissyphos beim Kampf gegen globale Probleme. Der Besuch bei der UN hat mich nachhaltig beeindruckt und in meiner radikal pazifistischen Grundhaltung bestätigt.




Aber zurück zu unserer Fahrradtour: Nachdem wir die Franklin D. Roosevelt Island im East River hinter uns gelassen hatten, wandten wir uns an der 96th Street nach Westen und fuhren zum Central Park. Bei wunderschöner Spätnachmittagssonne ging es am großen Reservoir vorbei Richtung Süden.



Nachdem wir in einem riesigen Supermarkt am Columbus Circle noch für das Frühstück am nächsten Tag gesorgt hatten, fuhren wir nach Westen und landeten schließlich am Ufer des Hudson Rivers. Von dort aus fuhren wir nach Süden, passierten den Flugzeugträger des Intrepid Sea-Air-Space Museums (nach dem Besuch der Un schenkten wir uns allerdings den Besuch militärischer Prestigeobjekte) und den Lincoln und Holland Tunnel. Auf dem Weg ging die Sonne hinter der gegenüberliegenden Skyline von Jersey City unter.



Hinter der ehemaligen World Trade Center Site erreichten wir dann irgendwann die Südspitze Manhattans mit der Fährstation der Staten Island Ferry. Von dort ging es dann wieder nordwärts bis zur Brooklyn Bridge. Und ihr werdet es nicht glauben, trotz meiner Höhenangst (durch die Planken des Fußwegs kann man das Wasser 50 Meter tiefer sehen) bin ich mit Felix mit dem Fahrrad über die Brücke nach Brooklyn geheizt - und weil es so schön war, auf der nahegelegenen Manhattan Bridge gleich wieder zurück nach Manhattan.

Jetzt hatten wir uns aber wirklich eine Stärkung verdient und fuhren direkt nach Chinatown. Beim Ajisen Ramen genossen wir die Nudelsuppen und Teigtaschen und fuhren nach einem Bummel durch die Kitschläden zurück zu Felix' Appartment. Nach einer kurzen Verschnaufpause gingen wir zum Abschluss des Tages noch in einer mexikanischen Bar einen Cocktail trinken.

Am Sonntag frühstückten wir spät und besuchten eine von Felix' Bekannten, um American Football zu schauen und traditionell Chicken Wings und mit Käse überbackene Pommes zu essen. Football ist anscheinend doch etwas komplizierter als große Männer, die versuchen, dem Gegner den eiförmigen Ball abzunehmen, indem sie gegeneinander laufen und übereinander fallen. Jedenfalls gibt es eine Menge Regeln über inkomplette Touchdowns, und wie weit die Mannschaft sich bei jedem Spielzug nach vorne bewegen muss, usw. Wahrscheinlich sind die Regeln für einen Deutschen genauso schwer zu verstehen wie die Abseitsfalle beim Fußball für einen Amerikaner.

Am Nachmittag trafen wir uns spontan noch zum Kaffeetrinken mit Sarah aus dem juFORUM, die zur Zeit ihr Praktisches Jahr in Providence auf Rhode Island (zwischen New Haven und Boston) absolviert und übers Wochenende bei ihrem Freund Markus in New York zu Besuch war. Und wie das Leben so spielt, kannten sich Felix und Markus von einem Studienstiftlertreffen in New York, das drei Tage vorher stattfand. Womit endgültig bewiesen wäre, dass die Welt ein Dorf ist, wo jeder jeden kennt, und die Deutschen sind sowieso immer überall.


2 Comments:

Anonymous Anonym said...

Da hast Du was gelernt, man kann also auch mit Mathematikern Spass haben ;)
Bezueglich der Uno muss ich Dich aber korrigieren: Die Frau mit ihrer Tochter waren Amerikaner, also es gab auch welche.
Felix

8:44 PM  
Blogger Michael said...

Hi Maria,
sag mal, hast DU die Fotos für den "Lonely Planet New York" geschossen? :-)
Tolle Bilder! Und wo man überall Leute wiedertrifft... Liebe Grüße aus Philly!
Ich werde heute zur Abwechslung Fliegengehirne entfernen :-D
Michael

2:56 PM  

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